
Am Dienstag erreichte ein offener Brief das Hamburger Abendblatt, zwei Tage später auch den Barsbütteler Rundfunk. Darin: massive Kritik an der Führung der Freiwilligen Feuerwehr Glinde. Unsere Redaktion hat mit der Feuerwehr gesprochen – und zieht erste Schlüsse.
Es ist ein Schreiben, das für Gesprächsstoff sorgt: Ein anonymer, dreiseitiger offener Brief, unterzeichnet von „aktiven Mitgliedern“ der Freiwilligen Feuerwehr Glinde, erhebt schwere Vorwürfe gegen die aktuelle Führung der Wehr. Der Barsbütteler Rundfunk erhielt das Dokument am Donnerstagmittag. Bereits zwei Tage zuvor war es an die Redaktion des Hamburger Abendblatts gegangen.
Die Verfasserinnen und Verfasser beklagen autoritäres Verhalten, ausgegrenzte Kameradinnen und Kameraden, verweigerte Fortbildungen und eine demotivierende Atmosphäre. Auch die Öffentlichkeitsarbeit der Feuerwehr steht massiv in der Kritik.
Die Redaktion des Barsbütteler Rundfunks hat daraufhin das Gespräch mit der Feuerwehr Glinde gesucht. Wehrführer Michael Weidemann und Pressesprecher Tom Reher nahmen Stellung zu den Vorwürfen – gegenüber unserer Redaktion.
Wehrführer Michael Weidemann: „Keine One-Man-Show“
Wehrführer Weidemann weist die Anschuldigungen zurück. Entscheidungen würden nicht allein, sondern im 15-köpfigen Wehrvorstand getroffen. „Führung in der Glinder Feuerwehr ist keine One-Man-Show“, erklärt er. Kritik sei jederzeit möglich – allerdings im Rahmen eines offenen Dialogs: „Für jedes Problem gibt es Mittel und Wege einer Lösung.“
Zur Kritik an seinem Verhalten bei Einsätzen, etwa das Übergehen von Gruppenführungen, sagt Weidemann: „Der Einsatzleiter hat die Verantwortung. Wer wann was übernimmt, richtet sich nach der Lage.“
Tom Reher: „Wir haben Strukturen – und auch Kritik an mir“
Pressesprecher Tom Reher bestätigt, dass es interne Spannungen gibt – „auch Beschwerden über mich“, wie er betont. Er verweist auf vorhandene Strukturen wie zwei gewählte Obleute, an die sich Kameradinnen und Kameraden bei Problemen wenden können.
Ein Auslöser für eine andauernde Spaltung sei ein Fall aus dem Herbst 2020 gewesen, bei dem ein Feuerwehrmitglied rechtsextreme Inhalte in einer WhatsApp-Gruppe geteilt habe. Die Wehrleitung habe reagiert – mit Anzeige, Beurlaubung und einem Ausschlussverfahren. Dieses scheiterte jedoch an der notwendigen Zweidrittelmehrheit. „Die Person ist später von selbst gegangen“, so Reher.
Kameradschaft in der Kritik
Im offenen Brief heißt es, Kameradschaft sei kaum noch spürbar – kein gemeinsames Grillen, kaum Dank, schrumpfende Beteiligung. Reher widerspricht dem in unserem Gespräch deutlich:
„Wir haben regelmäßige Veranstaltungen, mindestens zwei Feiern pro Jahr, dazu Grillabende der Löschgruppen. Zur EM 2024 gab es ein Public Viewing in der Wache.“
Darüber hinaus, so Reher, stehen in den kommenden Wochen mehrere gemeinschaftliche Aktivitäten an: Darunter der Feuerwehrwettkampf in Stemwarde, das Feuerwehrfest bei der befreundeten Feuerwehr in Bacharach (Rheinland-Pfalz) sowie das traditionelle Schlauchbootrennen der Feuerwehr Hamburg. Diese Termine seien bewusst auch zur Förderung des Zusammenhalts geplant.
Er bestätigt jedoch, dass aktuell zwölf aktive Mitglieder zu persönlichen Gesprächen eingeladen wurden – wegen geringer Dienstbeteiligung. Ob der Brief aus diesem Kreis stammt, sei unklar.
Öffentlichkeitsarbeit: Kritik trifft einen wunden Punkt
Besonders scharf fällt im Brief die Kritik an der Social-Media-Arbeit aus. Reher wird darin als unprofessionell, isoliert und überfordert beschrieben. Beiträge seien fehlerhaft, unregelmäßig und teilweise unangemessen formuliert. Auch die Löschung des Facebook-Profils der Wehr wird kritisiert.
Reher erklärt gegenüber unserer Redaktion, dass die Social-Media-Kanäle „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ abgeschaltet wurden. Man habe versucht, ein neues Presseteam aufzubauen, doch das Interesse sei ausgeblieben. „Es gibt derzeit niemanden, der mitmachen will.“
Dass Social Media dennoch als unverzichtbar gilt – gerade im Bevölkerungsschutz, zur Information bei Großlagen oder zur Nachwuchsgewinnung – erkennt Reher grundsätzlich an: „Natürlich ist Öffentlichkeitsarbeit wichtig. Aber ohne ein Team ist es auf Dauer nicht tragbar.“
Ein Riss, der nicht mehr zu übersehen ist
Ob der Brief tatsächlich eine breite Meinung innerhalb der Feuerwehr widerspiegelt oder von einem kleineren, frustrierten Personenkreis stammt – das bleibt offen. Klar ist jedoch: Die Themen, die darin angesprochen werden, sind nicht neu. Der Ton aber ist neu – schärfer, öffentlicher und dringlicher als je zuvor.
Die Freiwillige Feuerwehr Glinde steht nun vor der Herausforderung, nicht nur Einsätze zu meistern – sondern Vertrauen intern wiederherzustellen.